Wer Erfolg haben will, braucht eine Motivation, das gilt grundsätzlich. Egal, um welche Art von Erfolg es geht. Leider gibt es kein Grundrezept, wie man motiviert sein kann, und man kann Motivation auch nicht erzwingen. Mir hilft es oft, mir selbst die folgenden Fragen zu beantworten:
Manchmal bringen einen kleine Dinge aus dem Konzept. Misserfolge im Training, Störungen im Berufs- oder Privatleben, oder auch Selbstzweifel, weil man längere Zeit keine Fortschritte gemacht hat. Man sollte ehrlich zu sich sein und sich fragen, was einem wirklich wichtig ist. Manchmal hilft einem die Rückbesinnung auf ein großes Ziel, alles Unwichtige auszublenden und sich auf das Wesentliche zu konzentrieren. Manchmal verliert man aber auch den Glauben an das Ziel.
Anfang August 2019, acht Wochen vor der WM in Doha, wollte ich die Saison abbrechen. Das große Ziel einer Topplatzierung beim Jahreshöhepunkt hatte ich aufgegeben, nachdem ich das ganze Jahr über immer wieder mit Rückschlägen zu kämpfen hatte. Ein Erkältungsvirus im Höhentrainingslager in Bulgarien hatte mir scheinbar den endgültigen K.O. gegeben. Nach einem längeren Gespräch mit meinem Trainer besann ich mich auf kleine Trainingsziele, um vielleicht doch noch wieder in die Spur zu finden.
Nachdem ich eine Nacht nur eine Stunde schlafen konnte, ging ich am nächsten Tag 30 Kilometer - nicht schnell, aber ich zog das Training erstmals wieder durch. Ab da ging es Stück für Stück bergauf, was mir immer neue Erfolgserlebnisse brachte. Nach dem Trainingslager platze der Knoten und ich konnte zuhause, mit Höheneffekt, plötzlich so trainieren, wie ich das ganze Jahr nicht trainieren konnte. Bei der WM wurde ich Siebter, was mein größter sportlicher Erfolg war.
Manchmal ist es also nicht schlimm, das große Ziel mal kurz aus den Augen zu verlieren. Hauptsache ist, man kann sich irgendwie motivieren, zum Beispiel mit kleinen Etappenzielen. Oder es gibt einen äußeren Einfluss, der einem plötzlich neue Motivation geben kann.
Manchmal können aber gerade auch äußere Einflüsse hinderlich sein. Wenn es Dinge außerhalb des Trainings gibt, die einen zu sehr belasten, sollte man schauen, ob man sie abstellen kann. Wenn das nicht möglich ist, ist vielleicht die Priorität gerade eine andere. Dann ist es meist erstmal wichtig, sich diesen Dingen zu widmen, und eine kurze Durststrecke im Training eben auch mal zu akzeptieren. Gerade Freizeitsportler sollten sich deswegen keinen Kopf machen. Andere Dinge gehen eben manchmal vor und der Spaß am Sport kommt schon alleine wieder.
Für Leistungssportler ist ein mentales Trainingstief natürlich ein größeres Problem, aber auch sie sollten sich davon nicht aus der Ruhe bringen lassen. Alle Sportler haben diese Tiefs ab und zu. Man sollte sich mit der Zeit aber eine Strategie zurechtlegen, wie man während dieser Zeit trotzdem irgendwie funktionieren kann, ohne sich allzu viele Gedanken zu machen. Das ist ja in jedem Beruf so: Man ist nicht immer mit Elan bei der Arbeit, muss seine Aufgaben aber trotzdem erledigen. Mit einer gewissen Routine geht das auch und man kann seine Aufgaben einfach "abarbeiten".
Grundsätzlich hilft eine gewisse Struktur, durch kritische Phasen durchzukommen. Oft kommt gerade dadurch der Spaß zurück. Wenn die Motivation aber für eine längere Zeit weg ist und man keine Strategie findet, sie zurückzuholen, sollte man eine Pause einlegen. Ganz ohne Motivation ist der Sport mehr Belastung als Hilfe und hat auch keinen positiven Effekt mehr.
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