Dieses Kapitel ist vor allem für solche, die den Sport mit hohen Leistungszielen verfolgen, also Leistungssportler oder ambitionierte Hobbysportler. Es geht hier nicht darum, sich zum Training zu motivieren, sondern mit kritischen Situationen im Training oder Wettkampf umzugehen. Aber auch Freizeitsportler können sich unter Umständen die ein oder andere Anregung holen.
Wer schon öfters an Wettkämpfen teilgenommen hat, weiß, dass oft nicht diejenigen gewinnen, die am meisten oder schnellsten trainiert haben. Das kann viele Gründe haben, von denen Talent meiner Meinung nach im Ausdauersport am meisten überschätzt wird. Der wahrscheinlich wichtigste Faktor, der über einen guten oder schlechten Wettkampf entscheidet, ist die mentale Stärke. Besonders selbstbewusste Menschen können aus jeder Situation das beste rausholen, wenn es darauf ankommt. Wer nicht selbstbewusst ist, kann das von Natur aus nicht. Man kann es aber Stück für Stück lernen.
Fürs Training ist es nach meiner Erfahrung eine gute Idee, zunächst für sich herauszufinden, an welchen Punkten eine besonders harte Trainingseinheit manchmal scheitert. Denn oft hat man körperlich wesentlich mehr drauf, als man selbst glaubt. Wer im Training oft einbricht, sollte für sich herausfinden, ob es wirklich nur an körperlichen Defiziten oder falscher Taktik liegt, oder ob man es sich sozusagen unterbewusst nicht zutraut, das Tempo zu halten oder schneller zu werden. Als ich ein jüngerer Athlet war, hat mein Trainer mir oft über Punkte hinweggeholfen, an denen ich dachte, dass ich nicht mehr kann. Meist hat sich herausgestellt, dass ich mir das Limit nur im Kopf gesetzt hatte.
So eine Krise fühlt sich so an: Man kann das Tempo plötzlich nicht mehr gehen, weil einem entweder die Beine weh tun oder man sich organisch nicht mehr gut fühlt. Man fängt an zu zweifeln, ob das Tempo nicht doch zu schnell ist, um es noch längere Zeit durchzuhalten. Man wird entweder langsamer oder verkrampft, was dazu führt, dass man unnötig viel Energie verbraucht.
Bei mir hat sich das so geäußert, dass ich in einen längeren Schritt verfallen bin. Mein Trainer hat mir dann früher oft gesagt, ich soll mich zusammenreißen, mich auf die Technik konzentrieren und hat dann teilweise im Joggen selbst das Tempo noch angezogen. Auch wenn ich ihn in diesen Momenten gehasst habe, hat es mir geholfen, meinen inneren Schweinehund zu überwinden und meinen alten Rhythmus zu finden. Oft bin ich dann sogar noch schneller geworden.
Eine Sache ist dabei wichtig zu beachten: Natürlich kann ein Einbruch auch rein körperlich bedingt sein. Es hat schließlich seinen Grund, dass der Körper oft mit Schmerzen reagiert. Deshalb sollten gerade Sportanfänger und Gesundheitssportler NICHT über einen kritischen Punkt hinausgehen, sondern ihre Grenzen akzeptieren. Wenn man allerdings schon gut trainiert ist und an einen Punkt kommt, an dem man sich fragt, warum es mit der Leistung nicht mehr weitergeht, kann die Ursache mental sein. Die folgenden Kriterien können vielleicht hilfreich sein, das für sich herauszufinden:
Wenn man sich einmal eingestanden hat, dass man nur eine mentale Krise hat, ist das schon der erste Schritt, sie zu überwinden. Wichtig ist dafür, dass man seinen Rhythmus, die Schrittlänge und die Armhaltung beibehält. Dann ist zehn Minuten später oft alles wieder gut oder man kann zumindest den Einbruch in Grenzen halten.
Manche haben das Problem, dass sie zwar fast ohne jede mentale Schwäche trainieren können, im Wettkampf aber doch in kritischen Situationen versagen. Dass kann durch den Druck passieren, den man sich vor dem Wettkampf macht, oder auch durch den Einfluss der anderen Teilnehmer, also der Gegner. Wenn man sich in Wettkampf- oder Prüfungssituationen so viel Stress macht, dass man sein Leistungspotential nicht abrufen kann, kann vielleicht ein Psychologe weiterhelfen.
Wenn der Einfluss der Gegner einen beschäftigt, kann man zunächst versuchen, ob man den Einfluss nicht positiv für sich nutzen kann:
Es kann sein, dass man jemand ist, der im Wettkampf die Gesellschaft von zu vielen anderen hinderlich findet, weil man sein Tempo lieber selbst bestimmen will. Dann sollte man große Gruppen meiden. Auch das Ziel, andere zu schlagen, kann kontraproduktiv sein, weil man dadurch womöglich erst Angst vor einer Niederlage bekommt. Dann ist es besser, wenn man sich auf sich selbst anstatt auf die Gegner konzentriert.
Allerdings kann niemand die Existenz der Gegner einfach ausblenden. Es gibt Möglichkeiten, wie man die anderen Teilnehmer trotzdem für sich nutzen kann:
Grundsätzlich gibt es beim Thema Mentale Stärke jede Menge Dinge, auf die man eingehen könnte. Ich habe hier nur ein paar ausgesucht, mit denen ich gute Erfahrungen gemacht habe. Wer sich wirklich fundiert damit beschäftigen möchte, sollte lieber wissenschaftliche Literatur zurate ziehen oder mit einem Psychologen oder Mentaltrainer sprechen.
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